Digitale Jugendbeteiligung
GXC-Challenge mit dem Kreisjugendring München-Stadt
Übersicht
Die Challenge für dieses Projekt wurde vom Kreisjugendring München-Stadt (KJR) vorgeschlagen und vor ihrer Bearbeitung auf einem Quadruple-Helix-Experten-Workshop des Innovationsnetzwerks M:UniverCity diskutiert.
Beim KJR handelt es sich um einen Zusammenschluss von mehr als siebzig Jugendverbänden und Gemeinden in München. In ihm sind Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 6 bis 27 Jahren organisiert, die den unterschiedlichsten Nationalitäten, Konfessionen und sozialen Gruppen angehören. Mit dieser Challenge wollte der KJR Ideen sammeln, wie man digitale Jugendbeteiligung proaktiv und nachhaltig fördern könnte.
Problem
Organisationen wie dem KJR fehlt es derzeit an digitalen Kommunikationsmitteln für seine Jugend. In vielen Jugendverbänden nehmen Jugendliche normalerweise an Prozessen teil, die Diskussionen, Abstimmungen und Informationsaustausch persönlich in lokalen Jugendzentren unter der Aufsicht von Gruppenleitern beinhalten. Der Beginn der Corona-Pandemie schränkte diese Aktivitäten jedoch drastisch ein und verhindert noch immer ein regelmäßiges Engagement der Jugendlichen. Beim KJR wurden als Übergangslösung bestehende Social-Media-Tools genutzt, die sich jedoch in Bezug auf Datenschutz und Datensicherheit als unzureichend erwiesen haben und denen grundlegende partizipative Funktionen fehlen. Da zum Kundenstamm des KJR Kinder und junge Erwachsene mit verschiedenen ethnischen oder nationalen Hintergründen gehören, ist es sehr wichtig, sensibel mit diesen Aspekten umzugehen und ein Umfeld zu schaffen, das Inklusion und Vielfalt fördert. Auch Jugendliche mit Behinderungen sollten in keiner Weise benachteiligt werden. Die Probleme des KJR sind nicht einzigartig, viele Organisationen und Vereine, die mit Jugendlichen arbeiten, stehen derzeit vor ähnlichen Herausforderungen.
In diesem Sinne wurde die Challenge für die Studierendenteams offen formuliert: Die Zukunft der Jugendbeteiligung: Wie können junge Leute besser mit eingebunden werden?
Herangehensweise
Neun Wochen lang begleiteten Videovorträge und wöchentliche Live-Sessions sowie individuelle Team-Coachings mit Experten die Studierenden. Die Teams folgten einem Innovationsprozess, der im Action-Learning-Kurs "Real Projects" des Entrepreneurship Centers SCE der HM angewandt wird. Dieser Prozess begann mit dem Verständnis des Problems durch allgemeine Recherche. Im Falle der Studierenden hieß dies, mehr über die Themen Jugendbeteiligung, gesellschaftliches Engagement, Jugendzensur und Datenschutz herauszufinden. Bei einem ersten Treffen mit dem KJR konnten die Studierenden die Challenge persönlich besprechen und Fragen stellen. Außerdem befragten sie Betroffene. Dies half ihnen, das Problem besser zu definieren und erste, grobe Ideen zu sammeln.
In der dritten Woche konnten die Studierenden mit der Unterstützung von Amazon Web Services und dem Digital Transformation Lab der HM in einem zweiteiligen Intensivworkshop die ersten Ansätze ihrer Problemlösungen konkretisieren. Eine Brainstorming-Übung, die sogenannte "Crazy Eight Ideation"-Methode, half ihnen dabei, verschiedene Arten von Ideen zu entwickeln, die sie dann zu strukturieren versuchten. Um einen kundenzentrierten Fokus anwenden zu können, lernten die Teams im Workshop die Innovationsmethode "Working Backwards" kennen. Diese Art der Innovation wird vor allem von Amazon angewendet und berücksichtigt die Bedürfnisse und Wünsche der potentiellen Endverbraucher, in diesem Fall die des KJRs. Mit Hilfe dieser Techniken konnten sich die Teams auf jeweils eine finale Lösungsidee festlegen. In den darauffolgenden sechs Wochen wurden die Ideen dann mit Hilfe verschiedener Artefakte ausgearbeitet, darunter Storyboards, fiktive Pressemitteilungen, Empathy Maps, FAQs (Frequently Asked Questions), Geschäftsmodell-Leinwände und schließlich digitale Prototypen. Um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie man mit digitalen Technologien Prototypen erstellt, erhielten die Studierenden detaillierte Informationen über drei verschiedene Tools: Figma, Bubble und Glide.
In einem zweiten Online-Meeting mit dem Auftraggeber wurden die Ideen und Entwürfe der Prototypen dann zum ersten Mal dem KJR vorgestellt. Wertvolles Feedback half den Teams, die Prototypen weiterzuentwickeln und für die Abschlusspräsentation zu finalisieren.
Prototypen
Das erste Team Intercos entwickelte mit Hilfe des Tools Figma eine App, mit der Jugendliche in ganz München chatten, abstimmen und Informationen in digitaler Form austauschen können. Das digitale Tool ist für Jugendorganisationen wie den KJR als primäres Medium des digitalen Engagements gedacht, um Jugendlichen und Gruppenleitern die Möglichkeit zu geben, Aktionen und Gespräche selbst zu moderieren und sich an Entscheidungsprozessen zu beteiligen. Die App dient als Werkzeug mit dem Potenzial, sowohl für jugendgeleitete Einsätze als auch für die Förderung des allgemeinen Jugendengagements innerhalb einer Organisation und in der Gesellschaft im Allgemeinen wegweisend zu sein. Mit ihrer Hilfe erhalten Kinder und Jugendliche die Möglichkeit, ihren Platz in ihrer Gemeinde zu finden und an lokalen Veranstaltungen und Aktivitäten teilzunehmen.
Das zweite Team ließ sich von der Benutzerfreundlichkeit der Dating-App 'Tinder' inspirieren: Ihre mobile App EVENTually (Prototyping mit Figma) ermöglicht es jungen Menschen, durch swipen ihr perfektes Event oder ihre perfekte Aktivität zu finden. Die Angebote verschiedener Organisationen können so auf die eigenen Bedürfnisse und Wünsche abgestimmt werden. Die App ermöglicht sowohl online- als auch offline-Events, hostet Diskussionsforen und ermöglicht es Jugendlichen, andere junge Leute mit ähnlichen Interessen zu finden. Die gebotenen Veranstaltungen reichen von kleinen lokalen Events bis hin zu virtuellen Events mit hunderten von Menschen. Von Partys über Fußballspiele bis hin zu "Fridays for Future"-Märschen - durch den Download von EVENTually können Jugendliche ganz einfach Veranstaltungen finden, die ihren Vorlieben entsprechen. Darüber hinaus können sie sich aktiv in den Prozess der Planung und Durchführung einbringen. Das gibt ihnen Verantwortung und lehrt ihnen Selbstständigkeit. Außerdem können sich Gleichgesinnte so bereits im Vorfeld einer Veranstaltung auf virtueller Basis vernetzen.
Die mobile App OurVoice wurde vom dritten Team mit Hilfe von Figma entwickelt. Sie ist ein digitaler Hub, der junge Menschen im Alter von 14 bis 25 Jahren dazu ermutigen soll, sich auf lokaler und globaler Ebene für bürgerschaftliche Belange zu engagieren. In Anbetracht der sozialen Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten, die durch die Corona-Pandemie aufgedeckt wurden, revolutioniert die Jugend den digitalen Aktivismus und folgt ihrem Drang, etwas in den Gemeinden und für die Zukunft zu bewirken. Durch die App OurVoice haben junge Menschen auf der ganzen Welt die Möglichkeit, sich über Grenzen und Unterschiede hinweg miteinander zu verbinden und an Online-Diskussionsforen, Umfragen, Ressourcen, virtuellen Workshops und Veranstaltungen zu verschiedenen, insbesondere sozialen Themen, teilzunehmen. OurVoice verstärkt die Stimme der Jugend und hilft ihr dabei, einen sozialen Wandel herbeizuführen, der ihre Zukunft verbessert.
Nächste Schritte
Die Abschlusspräsentation vor dem KJR und M:UniverCity fand am 8. Dezember 2020 statt. Im Anschluss an die Präsentation teilten die Studierendenteams ihre Präsentationen sowie einen Link zu ihren Prototypen mit dem KJR. Dieser plant, Mittel und Unterstützung zu akquirieren, um eine von den Prototypen inspirierte Lösung umzusetzen. Darüber hinaus wurden alle Teams eingeladen, am SCE Pitch Festival teilzunehmen und mit anderen Studierendenteams um ein Preisgeld von 1.000 € zu konkurrieren.
Über GXC
Dieses Projekt war eine der drei Challenges der GXC International Virtual Innovation Challenge. Es handelte sich dabei um eine Sonderausgabe des Kursformats Real Projects, das im Wintersemester 2020/21 im Rahmen des Projekts "GlobalXChanges/Challenges (GXC)" erstmals angeboten wurde. In diesem virtuellen Online-Kurs schlugen öffentliche Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen Innovationschallenges vor, die durch den Einsatz digitaler Technologien gelöst werden könnten. Anschließend tauchten Studierende der Hochschule München (MUAS) und ihrer vier strategischen Partnerinstitutionen in einen internationalen virtuellen Action-Learning-Kurs ein. Die Studierenden wurden in internationale, interdisziplinäre Teams aufgeteilt und folgten einem Innovationsprozess, um die vorgeschlagenen Challenges anzugehen und Lösungen zu prototypisieren. Der Kurs umfasste Videovorlesungen und dynamische wöchentliche Live-Sitzungen mit einem Professor für inhaltlichen Input sowie zusätzliche Tutoren- und Team-Coaching-Sitzungen mit Industrieexperten, um Ratschläge für die Prototypenerstellung zu erhalten. Mentor-Studenten halfen bei den Herausforderungen der internationalen Teamarbeit aus der Ferne.
Das Projekt GlobalXChanges/Challenges wird durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Weitere Informationen zu den GXC-Maßnahmen und der International Virtual Innovation Challenge finden Sie unter hm.edu/gxc.