FEMPower
Gelingenswege der beruflichen Ausbildung für Mädchen und Frauen mit Fluchtgeschichte
Projektmitarbeiterin: Judith Bucher
Kooperationspartner: Universität Osnabrück, Bundesverband Netzwerke von Migrant*innenorganisationen (NeMO e.V.) , SchlaU–Werkstatt für Migrationspädagogik gGmbH
Laufzeit: 01.102024 – 30.09.2027
Ziel/Vorhaben:
Im Projekt FEMPower werden Forschung, Praxisentwicklung und Migrant*innenselbstvertetung (MSO) von Anfang an als ineinander abgestimmter und verwobener Prozess organisiert, der nachhaltig zur bildungsgerechten Weiterentwicklung von Berufsausbildung beiträgt. Über 260.000 schutzsuchende Mädchen und Frauen im Alter von 15-27 Jahren lebten laut AZR Ende 2022 in Deutschland. Dennoch liegen bislang kaum Erkenntnisse zu ihren Ausbildungswegen, den intersektionalen Bildungsbarrieren und Gelingensbedingungen vor. Diese sollen als Forschungsgegenstand in FEMPower durch bildungsbiographische Interviews erschlossen werden. Fallbiographien mit Gelingens- und Gefährdungsmomenten sind kasuistischer Ausgangspunkt für die Entwicklung und nachhaltige Umsetzung von Qualifizierungsmaßnahmen (FEMPower Training) für Fachkräfte an den Lernorten Schule und Betrieb. Im FEMPower Advisory und Advocacy Board, gebildet von Frauen mit Fluchtgeschichte, wird zudem Lebensweltexpertise generiert, die Forschung mitgestaltet und Entscheidungsräume durch politische Lobbyarbeit institutionell verankert. FEMPower gestaltet sich als partizipativer Prozess an zwei Forschungsstandorten (Bayern/Niedersachsen) und hat durch die Beteiligung der Praxisverbundpartner*innen NeMO e.V. und SchlaU-Werkstatt einen bundesweiten Aktionsraum.
Die Frage nach Möglichkeiten zur Förderung gelingender Ausbildungswege von Mädchen/Frauen mit Fluchtgeschichte realisiert sich in FEMPower somit auf drei Ebenen:
Ebene 1: Partizipation und Empowerment von Mädchen/Frauen mit Fluchtgeschichte in der Berufsausbildung stellt das zentrale Projektanliegen dar, weshalb ein partizipativer Ansatz verfolgt wird. Geplant für die Selbstvertretung in Forschung und Praxis ist der Aufbau des FEMPower Boards für und mit Mädchen/Frauen mit Fluchtgeschichte, die den Forschungsprozess und die Praxisentwicklung mitgestalten, -entscheiden und durch ihre Lebensweltexpertise beraten. Durch das Gremium werden Selbstwirksamkeitsräume durch MSO für Frauen mit Fluchtgeschichte eröffnet, um Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, sich in den öffentlichen und politischen Diskurs einzubringen und mithilfe der Projektergebnisse Forderungen für Qualitätsstandards der Ausbildungsbedingungen für die Zielgruppe zu entwickeln. Zudem werden Erkenntnisse zu Empowerment als Potential für die bildungsgerechte Weiterentwicklung der Migrationsgesellschaft generiert.
Ebene 2: Identifikation von Gelingens- und Gefährdungsbedingungen: Weiteres Ziel ist die Erweiterung der Kenntnisse zu Ausbildungswegen von Mädchen/Frauen mit Fluchtgeschichte, ein Desiderat der Bildungsforschung. Dabei werden durch eine bildungsbiographische Perspektive gelingende Ausbildungswege mit Blick auf die Bildungskette übergreifend betrachtet: von der Berufsvorbereitung bis zu einem erfolgreichen Abschluss. Anhand von Interviews zu den Ausbildungswegen der Zielgruppe werden strukturelle und diskursive Rahmenbedingungen durch erlebte Barrieren und wirksame Unterstützungsangebote sichtbar und Muster in den Biographien typologisiert.
Ebene 3: Praxisentwicklung durch Qualifizierungsmaßnahmen: Auf Grundlage der erhobenen Fallbiographien und unter Ergänzung von Elementen der Schul- und Organisationsentwicklung werden Qualifizierungsmaßnahmen entworfen, um die inklusive Öffnung der Lernorte Betrieb und Berufsschule zu fördern. Das FEMPower Training wird praktisch erprobt, evaluiert und als Praxishandbuch öffentlich zugänglich gemacht. Durch die Zusammenarbeit und Vernetzung mit dem FEMPower Board, der SchlaU Werkstatt und weiteren Kooperationspartner*innen wird eine breite Transferwirkung, nachhaltige Verankerung und fortlaufende Umsetzung gewährleistet.
Im Projektfokus steht das übergeordnete Ziel, durch neue Erkenntnisse und Handlungsansätze den Zugang und erfolgreichen Abschluss von Berufsausbildung für Mädchen/ Frauen mit Fluchtgeschichte zu verbessern. Konkret umgesetzt wird dieses Ziel durch die Praxisinnovationen FEMPower Board und FEMPower Training, die zum Abbau diskriminierender Strukturen und zur Förderung inklusiver Öffnungsprozesse in Ausbildungsinstitutionen beitragen sowie Räume für Empowerment und Selbstvertretung etablieren. Die bundesweite Vernetzung institutioneller Akteur*innen ermöglicht eine generalisierbare und nachhaltige Verankerung der Projektziele.
Methodik: Partizipative Forschung, Qualitative Forschung, bildungsbiographische Interviews, Dokumentarische Methode, Praxisentwicklung, Selbstvertretung und Empowerment
Die methodische Umsetzung von FEMPower basiert auf intersektionalitätstheoretischen Modellen, bei denen das Subjekt und dessen Bildungsbiographie sowie einwirkende strukturelle und diskursive Bedingungen im Zentrum stehen. Datenerhebung und -auswertung findet innerhalb bildungsbiographischer Interviews und fallzentrierter Auswertung anhand der Dokumentarischen Methode statt. Der partizipative und transdisziplinäre Prozess von Forschung, Empowerment und Praxisentwicklung ist ineinandergreifend gestaltet. Selbstvertreterinnen im FEMPower Advisory und Advocacy Board definieren so die intersektionalen Merkmale und Themenblöcke für die Datenerhebung und gestalten die Forschungsprozesse mit. Transdisziplinäre Praxisforschungswerkstätten und Evaluationsworkshops begleiten die Entwicklung der Praxisinnovation „FEMPower Training“. Methodische Ansätze wie bildungs- und berufsbiographische Forschung, partizipative, praxisorientierte Entwicklung von Qualifizierungssmaßnahmen sowie Empowerment-Workshops mit betroffenen Mädchen und Frauen sind miteinander verwoben.
Zuwendungsgeber: BMBF
English Version:
FEMPower Empowering Girls and Women with Refugee Experience in Vocational Training
The FEMPower project integrates research, practice transformation, and migrant self-advocacy in a participatory process. FEMPower aims at social justice and educational equity in the vocational training system in Germany by involving women with a lived refugee experience and partners from the community of practice. As the participation and empowerment of women is the central concern of the project, a participatory approach is followed (Ali et al. 2024). The FEMPower Board for and with women with lived experience of forced migration will shape the research process and development of educational practices, make decisions and provide advice on the basis of their lifeworld expertise (Klie 2022). NeMo e.V., a migrant-led network of self-advocacy organisations, is the practice partner for the sustainable establishment of the board.
According to the Central register of foreigners (AZR), more than 260,000 refugee girls and women aged 15-27 lived in Germany by the end of 2022 (Destatis 2023). However, little is known about their educational pathways and intersectional barriers to education. Based on a biographical approach, mechanisms of exclusion and oppression as well as success factors become visible in the educational pathways of women. To understand processes of educational inequality, intersectionality as our theoretical framework avoids focusing on individual deficits, but sheds light on oppressive structures and discourses in society (Hill Collins 2019). In FEMPower, the findings on educational biographies will form the knowledge base for the development of FEMPower Training, a qualification measure for professionals in schools and companies. The training concept will be developed and implemented in a transdisciplinary participatory process.
FEMPower is a participatory and transdisciplinary project led by Prof. Dr. Annette Korntheuer at Munich University of Applied Sciences. The project’s partners and principal investigators for subprojects include the University of Osnabrück (represented by Interim Professor Katharina Wehking), the NeMO Network of Migrant Organizations (chaired by Dr. Elizabeth Beloe), and the SchlaU-Werkstatt (managed by Anja Kitlitz).
Related Websites:
FEMPower Bundesverband NeMO
FEMPower University of Osnabrück
SchlaU Werkstatt für Migrationspädagogik
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